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Testbericht: S.T.A.L.K.E.R. - Shadow of Chernobyl

04. 04. 2007 | Kategorie: Testberichte

Lange erwartet und endlich da: "S.T.A.L.K.E.R. - Shadow of Chernobyl" schickt sich an, das Genre der Action-Shooter mit fantastischer Atmosphäre und Rollenspiel-Elementen neu zu erfinden.

Was lange währt wird endlich gut - diese Weisheit widerlegten nicht wenige Computerspiele, die erst nach reichlicher Verzögerung auf dem Markt erschienen. Auch S.T.A.L.K.E.R. verzögerte sich nicht unerheblich, in diesem Fall hat sich das Warten aber gelohnt.

Screenshot: S.T.A.L.K.E.R. - Shadow of ChernobylWie der Name bereits erahnen lässt, dreht sich die Geschichte von "S.T.A.L.K.E.R. - Shadow of Chernobyl" um den ukrainischen Ort Tschernobyl, in dem sich im April 1986 ein Reaktorunfall ereignete. Zwanzig Jahre später explodiert der größtenteils von einer provisorischen Betonhülle verschlossene Reaktor, woraufhin sich eine Zone um Tschernobyl bildet, in deren radioaktiver Strahlung Mutanten und Anomalien genannte Phänomene entstehen. Die Zone wird vom ukrainischen Militär abgeriegelt, doch weil es in ihr von Artefakten nur so wimmelt, wagen sich trotzdem zahlreiche Schatzsucher in das unwirtliche Gebiet. Einer dieser Stalker sind sie, allerdings finden sie sich erst im Jahr 2012 in den Ereignissen rund um die Zone wieder. Weil sie nur knapp dem Tode entrungen sind und sich an nichts erinnern können, außer den auf ihrem PDA gespeicherten Auftrag, einen Stalker namens Strelok zu töten, machen sie sich zunächst mit der Umgebung und den einzelnen Parteien der Zone vertraut und erledigen dabei einige Aufträge für einen Händler, der sie hilfsbereit aufgenommen hat.

Direkt beim Verlassen des unterirdischen Unterschlupfes zeigt "S.T.A.L.K.E.R. - Shadow of Chernobyl", wozu es fähig ist: Nicht nur das Dorf, in dem sie sich befinden, sondern nahezu die komplette Umgebung samt Straßen, Wiesen und Wäldern kann betreten werden. Unzählige Charaktere, Tiere und Objekte wie Militärhubschrauber führen ein scheinbar selbstständiges Leben, auf das sie mit ihren Handlungen natürlich Einfluss nehmen können. In ihrem jederzeit aufrufbaren PDA können Haupt- und Nebenaufträge verwaltet werden, zudem ist die Einblendung einer Karte der Zone möglich, auf der die für die einzelnen Aufträge relevanten Koordinaten markiert sind.

In ihrem ersten Auftrag müssen sie einigen Stalkern bei der Säuberung eines Dorfes, in dem sich Banditen befinden helfen. Mit dem Fernglas und dank der Kommentare ihrer Verbündeten verschaffen sie sich einen ersten Überblick über die Lage, bevor es dann auf in den Kampf geht. Hier stellt sich "S.T.A.L.K.E.R. - Shadow of Chernobyl" als reinrassiger Taktik-Shooter raus: Selbst im späteren Spielverlauf sollten Konfrontationen mit mehreren Gegnern auf offenem Geländer vermieden werden. Wer stattdessen aus taktisch klugen Positionen das Feuer eröffnet oder auf Feuerschutz durch die Verbündeten Truppen achtet, wird mit diesen Strategien meist erfolgreich sein.

Screenshot: S.T.A.L.K.E.R. - Shadow of ChernobylWährend sie zu Beginn nur mit einer Pistole und einem Messer bewaffnet sind, erweitert sich ihr Waffenarsenal bereits nach den ersten Kämpfen um einige stärkere Waffen: Gefallene Gegner hinterlassen nicht nur die jeweils verwendeten Waffen, sondern können auch nach Munition, Verbänden oder weiteren Gegenständen durchsucht werden. Was "S.T.A.L.K.E.R. - Shadow of Chernobyl" neben der riesigen Umgebung von den meisten Konkurrenten unterscheidet, ist dass ihr Charakter über ein Inventar verfügt, wie man es sonst nur aus Rollenspielen kennt: In ihrem Rucksack verstauen sie nicht nur diverse Waffen, Magazine und Medi-Kits, sondern auch Artefakte, Nahrung oder Wodka, der die Wirkung der radioaktiven Strahlung schmälert. Ist das Inventar-Menü geöffnet, können Gegenstände wie Verbände per Doppelklick eingesetzt werden. Waffen, Kleidung und Artefakte weisen sie ihrem Charakter per Drag & Drop zu. Eingeschränkt werden sie dabei nur durch das maximale Gewicht, das ihre Spielfigur tragen kann: Jedes Objekt besitzt ein bestimmtes Gewicht, teilweise existieren auch unterschiedliche Versionen der selben Waffe, die sich nur durch das Gewicht unterscheiden. Ist ihr Rucksack zu voll, können sie sich nicht mehr bewegen. Wenn sich der Inhalt des Rucksacks knapp unterhalb des Maximalgewichtes befindet, ist die Spielfigur nach einer Weile erschöpft und muss für ein paar Sekunden pausieren - dies kann auf der Flucht vor Söldnern oder streunenden Hunderudeln mitunter tödlich sein. Wenn sie eine Passage besonders schnell passieren möchten, können sie mit ihrem Stalker auch rennen, dieser erschöpft dabei allerdings schneller und kann nicht von seiner Waffe Gebrauch machen.

Dass man sich nur über kurze Strecken schnell fortbewegen kann ist zwar realistisch, sorgt aber oft für Frust, da man für die Hauptaufträge meist große Entfernungen zurücklegen muss. Hier wären die von den Entwicklern in einem frühen Stadium des Spiels versprochenen steuerbaren Fahrzeuge nützlich gewesen und sollten bei einem möglichen Add-On als erstes implentiert werden.

Screenshot: S.T.A.L.K.E.R. - Shadow of ChernobylEiner der wichtigsten Aspekte, bei denen "S.T.A.L.K.E.R. - Shadow of Chernobyl" den meisten seiner Konkurrenten überlegen ist, ist die Atmosphäre. Die Story um ein erneut zur von Menschen geschaffenen Hölle gewordenes Tschernobyl birgt von sich aus schon jede Menge Potenzial und dies wurde von den Entwicklern zum Glück bestmöglich ausgeschöpft: Nicht nur alle Schilder, sondern auch alle für die Weiterentwicklung der Geschichte unrelevanten Dialoge sind in russischer Sprache und verstärken somit den Eindruck, sich wirklich in Tschernobyl zu befinden. Auch die Umgebung wurde gut in Szene gesetzt: Nicht nur Wettereffekte wie Gewitter, die samt Blitz und Donner phänomenal umgesetzt wurden, sondern auch viele kleine Details wie Vogelschwärme oder die bereits angesprochenen Hunderudel sorgen für packende Atmosphäre im freien Gelände und in den Wäldern der Zone. In den Städten oder Forschungsinstituten sorgen gitarrenspielende Stalker an Lagerfeuern ebenso für die richtige Stimmung wie Lautsprecherdurchsagen des Militärs oder anderer in der Zone vertretenen Gruppen.

Screenshot: S.T.A.L.K.E.R. - Shadow of ChernobylDie technische Umsetzung von "S.T.A.L.K.E.R. - Shadow of Chernobyl" überzeugt, was nicht zuletzt an den sehr variablen Hardware-Anforderungen liegt. Auf einem Mittelklasse-PC (Pentium 4 2,6 Ghz, 1 Gigabyte Ram, Ati Radeon X800 Pro) lässt sich das Spiel problemlos in 1280*1024 spielen, wenn man Abstriche bei der Beleuchtung macht. Bis auf die Atmosphäre, die vor allen Dingen bei den erwähnten Wettereffekten etwas unter den Einbußen bei der Qualität leidet, sieht "S.T.A.L.K.E.R. - Shadow of Chernobyl" dann immer noch hervorragend aus, gerade wenn man bedenkt, in welch großen Arealen der Shooter spielt. Aber auch die Grafik innerhalb von Gebäuden oder in dunklen Tunnelsystemen kann sich samt Explosionen und Stichflammen sehen lassen. In diesen Passagen weist "S.T.A.L.K.E.R. - Shadow of Chernobyl" übrigens nicht nur grafisch einige Parallelen zu "Doom 3" auf. Mit einem High-End-PC läuft das Spiel dann zur Bestform auf, denn die dynamische Beleuchtung braucht sich vor anderen Grafikwundern nicht zu verstecken und sorgt für die bereits angesprochene einzigartige Atmosphäre.

Der Sound steht der Grafik in nichts nach und überzeugt sowohl durch etwas depressive, aber dafür passende, Musikstücke als auch durch erstklassige Effekte: Von den Alarmsirenen des Militärs bis hin zu zahlreichen Explosionseffekten versetzt sie "S.T.A.L.K.E.R. - Shadow of Chernobyl" mitten ins Geschehen. Hundegebell und Donnergrollen sorgen aber auch in ruhigeren Passagen für eine würdige Untermalung des Geschehens. Auch die Dialoge der deutschen Fassung klingen gut, die Originalstimmen der Nebencharaktere sowieso.

Fazit

"S.T.A.L.K.E.R. - Shadow of Chernobyl" ist endlich mal wieder ein Spiel, das die hohen Erwartungen erfüllt und gleichzeitig für eine kleine Revolution des Shooter-Genres sorgt: Einen solch umfangreichen Mix aus Rollenspiel und Taktik-Shooter gab es selten, zudem glänzt das Spiel mit einer nahezu perfekten Atmosphäre, an die höchstens "Half-Life 2" und "F.E.A.R." herankommen. Erfreulich ist ebenfalls, dass "S.T.A.L.K.E.R. - Shadow of Chernobyl" bei moderaten Hardware-Anforderungen auch grafisch in der höchsten Liga mitspielt. Action-Spieler sollten sich "S.T.A.L.K.E.R. - Shadow of Chernobyl" daher keinesfalls entgehen lassen. Mario Siewert

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