Dragon's Lair (HD-DVD)
Ein alter Bekannter kehrt zurück: Ritter Dirk hat es nach einem langen Weg auch in die Welt der „High Definition“ geschafft. Die Rede ist natürlich von Dragon's Lair, das einige Leser vielleicht noch aus der Spielhalle kennen. Was sich an dem interaktiven Zeichentrickfilm im Laufe der Zeit verändert hat und ob sich der Titel für Besitzer von HD-DVD- oder Blu Ray-Laufwerken lohnt, soll unser Test klären.
Wenn ein Spielhallentitel die Bezeichnung Groschengrab verdient, dann sicherlich Dragon's Lair - dazu später mehr. Der Titel ist seit seinem Erscheinen im Jahre 1983 bereits auf unzählige Konsolen portiert worden, sogar einen Ableger in 3D gab es schon. Während das Phänomen der interaktiven Spielfilmen verdienterweise ebenso schnell wieder verschwand, wie es aufgetaucht war, konnte sich „Dragon´s Lair“ über die Jahre hinweg hartnäckig halten. Die Story ist ebenso simpel wie schnelle erzählt: Ritter „Dirk the Daring“ macht sich auf den Weg in ein düsteres Schloss, wo ein fieser Zauberer und ein noch fieserer Drache die Prinzessin gefangen halten. Also muss Dirk unzählige Fallen und Monster überlisten, um schließlich seine Geliebte in die Arme schließen zu dürfen und sie sicher nach Hause zu bringen.
Bis es so weit ist, werden die Nerven des Spielers allerdings gehörig auf die Probe gestellt. Denn Dragons's Lair ist wie eingangs erwähnt kein Spiel im klassischen Sinne, sondern ein interaktiver Zeichentrickfilm. Zum Spielen benötigt man lediglich die normale DVD-Fernbedienung, genauer die vier Richtungstasten und die „OK“-Taste. Während Dirk sich völlig selbstständig auf den Weg durch die kurzen Filmsequenzen macht, muss der Spieler im richtigen Moment eben eine dieser fünf Tasten im richtigen Moment drücken. Erwischt man die falsche Taste, fällt Dirk in eine Grube, wird von einem Monster gefressen, in Brand gesteckt, von einem Felsen erschlagen und so weiter. Die Filmchen über Dirks Ableben sind zahllos. Aber eins ist sicher: Bereits nach kurzer Spielzeit hat man alle gesehen, denn der Frustfaktor des Originals ist auch im HD-Zeitalter erhalten geblieben. Letztendlich bleibt es nämlich reine Glückssache, ob Dirk die nächste Szene noch zu Gesicht bekommt oder nicht. Nichts, aber wirklich gar nichts deutet darauf hin, welche Taste wohl gerade die richtige ist. Ein Beispiel: Dirk läuft über eine Brücke, die plötzlich unter seinen Füßen nachgibt. Während er sich also im letzten Moment an eine Kante klammert, taucht unter ihm auch noch ein Seeungeheuer auf. Klare Sache: Ich drücke schnell die Taste „hoch“, um den Fangarmen des Monsters zu entkommen. Falsch: In der nächsten Sequenz darf ich beobachten, wie Dirk von dem Monster in die Tiefe gezogen wird. Auch „links“ und „rechts“ helfen nicht, also stirbt Dirk zwei weitere Bildschirmtode. Dann drücke ich auf gut Glück die „OK“-Taste, und siehe da: Dirk zückt sein Schwert, fuchtelt etwas in Richtung Ungeheuer und springt dann nach oben und entkommt.
Dieses Beispiel ist noch harmlos, denn es ist einfach meist nicht ersichtlich, ob man jetzt nach vorne oder zur Seite ausweichen oder mit „OK“ eine Aktion ausführen muss. Wenigstens muss man jetzt nicht noch jedes Mal Münzen nachwerfen… Immerhin hat Digital Leisure bereits eine Version für den Nintendo DS angekündigt, die bereits Anfang 2008 erscheinen soll. Diese wird dann auch einige Hilfen für Einsteiger an Bord haben, die für einen deutlich gesenkten Frustgrad sorgen sollen.
Stumpfes und hektisches Ausprobieren ist also angesagt, will man irgendwann das Ende der Geschichte erleben. Ein weiteres Manko sind die kurzen Sequenzen in Verbindung mit den häufigen Ladepausen. Die einzelnen Abschnitte sind immer nur wenige Sekunden lang, zwischen den Sequenzen folgt ein kurzes, aber bald sehr nerviges Nachladen von der Disc.
Insgesamt sind die technischen Verbesserungen eher schwer auszumachen. Der Ton wurde zum Beispiel digital restauriert und an das 5.1-Format angepasst. Leider können auch die Möglichkeiten der modernen Technik nichts daran ändern, dass der Originalton nun mal in ziemlich blechernem Stereoklang aufgenommen wurde. Und so erinnert auch die HD-Version eher an eine Zeichentrickserie aus den 80er Jahren, Surround-Sound oder beeindruckende Effekte sucht man vergebens. Hier hätte wohl nur eine Neuaufnahme geholfen, die aber natürlich sehr aufwendig und kostenintensiv gewesen wäre. Ähnlich verhält es sich natürlich auch mit der Bildqualität: So ist das „Grieseln“ des alten Materials zwar deutlich weniger geworden, und der Bildeindruck ist insgesamt schärfer geworden, dennoch kann auch Dragon's Lair HD nicht mit aktuellen Zeichentrickserien in Standardauflösung mithalten. Insgesamt kann man Digital Leisure aber zugute halten, dass sie das bestmögliche aus dem angestaubten Material herausgeholt haben.
Für die technische Stagnation entschädigt allerdings das Bonusmaterial: Es gibt nicht nur Interviews mit den Entwicklern zu sehen, sondern auch die gesamte Story als zusammenhängenden Film zu bestaunen. Endlich kann man Dirks Abenteuer am Stück verfolgen und bekommt so auch dann das Ende zu sehen, wenn man den interaktiven Teil der HD-DVD oder Blu Ray schon längst aufgegeben hat.
Fazit
Dirk gibt nicht auf: Mit stoischer Ruhe treibt er auch heute noch die geneigten Spieler mit dem gleichen frustrierenden Gameplay in den Wahnsinn, das auch in den Anfangstagen schon für viele verbeulte Automaten gesorgt hat. Die technische Politur holt alles aus dem veralteten Bild- und Ton-Material heraus, kann aber heute wohl keinen Blumentopf mehr gewinnen.
Sollte dieses „Spiel“ tatsächlich Liebhaber haben, dürfen diese schon alleine wegen der umfangreichen Boni einen Blick riskieren. Alle anderen Nicht-Nostalgiker sollten aber bei einem Straßenpreis von rund 30 Euro lieber einen weiten Bogen um den Titel machen. Zerschmetterte Fernbedienungen und Fernseher sind sonst nicht auszuschließen! Simon Weiß