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Kolumne: Killerspiel-Verbot in Deutschland

22. 11. 2006 | Kategorie: Artikel

Nach dem Amoklauf eines 18jährigen jungen Mannes an einer Schule in Emsdetten sind es wieder mal die sogenannten "Killerspiele", die von vielen Politikern und Medien als Hauptverantwortlicher für die abscheuliche Tat ausgemacht wurden. Ein Großteil der Befürworter eines "Killerspiel-Verbotes" macht es sich allerdings zu einfach.

Dass bei nahezu jedem Amokläufer Spiele wie "Counter Strike" auf dem Rechner gefunden wurden scheint Kritikern schon als Beweis zu genügen, dass diese Spiele die Wurzel allen Übels sind. Wer auf eine solche Weise argumentiert könnte die Schuld aber auch auf Rockmusik, Videos oder Kleiderschränke schieben, denn all diese Dinge wurden ebenfalls bei den Tätern gefunden.

Wie nach jeder dieser abscheulichen Taten wird anschließend von Seiten der Politik ein Schuldiger gesucht. Um nicht hilflos zu wirken, wird der Sündenbock schnell ausgemacht und es trifft daher stets die üblichen Verdächtigen, zu denen seit einiger Zeit vor allen Dingen Ego-Shooter zählen. Auch die nicht zur Spielepresse gehörenden Medien springen schnell auf diesen Zug auf und zeigen zusammenhangslose Ausschnitte aus Spielen, in denen den Lesern bzw. Zuschauern weis gemacht werden soll, dass das Töten im Mittelpunkt des Spiels steht.

Bei aller Wut über eine solch undifferenzierte Betrachtung des Problems sollte man aber auch nicht vergessen, dass es in der Politik kritische Stimmen gegen ein Verbot von Killerspielen gibt, die das Problem differenziert angehen.

Auch die Wissenschaft konnte bisher keine Beweise dafür ausmachen, dass Spiele, in denen gewalttägige Handlungen vorkommen, in direktem Zusammenhang mit den traurigen Taten von Emsdetten oder Erfurt stehen. Selbst einem psychologischen Laien dürfte bei objektiver Betrachtung aller Fakten auffallen, dass der Grund für den Amoklauf von Emsdetten wenn überhaupt nicht nur bei den "Killerspielen" zu suchen ist, sondern auch oder ausschließlich beim gesellschaftlichen Umfeld und der Art und Weise, wie unsere auf Erfolg ausgerichtete Gesellschaft mit Leuten umgeht, die Probleme mit ihr haben und Hilfe brauchen.

Da eine Anerkennung dieses Zusammenhangs als Auslöser für die Tat allerdings eine Anerkennung des Scheiterns der Familien- und Sozialpolitik bedeuten würde, ist es verständlich, dass ein Großteil der machthabenden Politiker die Schuld lieber bei den "Killerspielen" sucht.

Obwohl Deutschland bereits jetzt eines der strengsten Jugendschutzgesetze aufweist, wird seitens der Politik daher nun vehementer denn je gefordert, "Killerspiele" in Deutschland verbieten zu lassen. Da sich ein solches Verbot im Zeitalter der weggefallenen Grenzkontrollen und des Internets ebenso wenig umzusetzen lässt, wie die einst angedachte Steuer auf E-Mails, sollte auf Seite der Computerspieler kein Anlass bestehen, sich auf das Argumentations- und Diskussionsniveau der Befürworter eines "Killerspiel"-Verbotes zu begeben, denn realistisch betrachtet kann und wird sich diesbezüglich in naher Zukunft sicher nichts ändern.

Einzig und allein die Tatsache, dass ein nicht unbedeutender Teil der Gesellschaft Jahrhunderte nach der Aufklärung wieder mal zeigt, wie wenig die Menschheit aus der Geschichte gelernt hat, dürfte und sollte so ziemlich jeden rational denkenden Menschen traurig und besorglich stimmen. Mario Siewert

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