Dungeon Keeper
Als Dungeon Keeper im Jahr 1997 veröffentlicht wurde, war die Zuordnung des Spiels zu einem Genre nicht ganz einfach. Kein Wunder, denn der Bullfrog-Titel, der sowohl als mittelalterliche Schurken-Simulation als auch als Unterwelt-Echtzeitstrategiespiel durchging, passte zunächst in keines der üblichen Raster. Dem Erfolg des Spiels schadete das allerdings nicht und so hat sich Dungeon Keeper gemeinsam mit seinem Nachfolger bis heute einen echten Kult-Status bei Computerspielern der 90iger erworben.
Wer Dungeon Keeper das erste Mal spielte, war vermutlich zumindest für einen kurzen Moment etwas verwundert und überrascht, in was für einer Spielwelt er gelandet war und auf welche Weise er dort eingreifen und interagieren musste: Während von Monstern besiedelte Dungeons ein altbackener Hut waren, bekamen die Spieler diese Welten normalerweise nur auf Seiten der Helden und Ritter zu sehen, die sich in Actionspielen, RPGs und Plattformern ihren Weg durch die gefährlichen Höhlen bahnen mussten und dabei Gegner entweder mieden oder aus dem Weg räumten. Doch auch wenn dieser scheinbar schon ewig währende Kampf zwischen Gut und Böse auch in Dungeon Keeper thematisiert wird und auch die vom Spiel verwendete isometrische Perspektive nicht gänzlich neu war, so erwarteten die Spieler direkt von Beginn an zwei grundlegend von der spielerischen Norm abweichende Eigenheiten, die grundlegend zum Erfolg und zur Popularität von Dungeon Keeper beitrugen.
Da wäre zum Einen der Rollenwechsel zu nennen. Genau wie in vielen Hollywood-Filmen war man es in der Welt der Videospiele gewohnt, das Gute zu vertreten und das Böse zu bekämpfen. Wer oder was „gut“ und „böse“ war, ließ sich zudem meist ziemlich eindeutig erkennen. Nicht so bei Dungeon Keeper, denn hier schlüpfte der Spieler plötzlich in die Rolle des Bösewichtes, der seine Schätze mit zahlreichen Fallen und Monstern gegen in sein Reich eindringende Helden verteidigen muss. Als wäre das nicht schon genug, sorgte unter anderem eine gute Portion schwarzer Humor dafür, dass auch die Sympathien der Spielerinnen und Spieler recht deutlich dem gespielten Bösewicht und seinen Schergen entgegen gebracht wurden.
Der zweite Aspekt, bei dem sich Dungeon Keeper von den bekannten Gepflogenheiten der Spiele aus der damaligen Zeit abhob, war der Basenbau. Das strategische Errichten von Gebäuden zur Verteidigung und der Abbau von Rohstoffen war zwar nicht zuletzt dank der wenige Jahre zuvor erschienenen Echtzeitstrategie-Hits Warcraft – Orcs and Humans und Command & Conquer – Der Tiberiumkonflikt in aller Munde, im Rahmen eines Dungeon-Settings in dieser Form aber auch noch nicht umgesetzt worden. Gerade das Abbauen von Gold und Ausstatten des Dungeons mit Hühnerfarmen, Trainingsräumen, Schlafkammern und Bibliotheken zog dann recht schnell in seinen Bann. Für Langzeit-Spielspaß sorgen zudem im Verlauf des Spiels hinzu kommende Herausforderungen wie verfeindete Monster, die man nur durch eine geschickte Raumplanung gleichzeitig in seine Armee aufnehmen kann.
Anders als in den genannten klassischen Echtzeitstrategie-Spielen zeichnet sich der Armeeaufbau in Dungeon Keeper durch eine wesentlich persönlichere Komponente aus: Die Einheiten sind nicht beliebig duplizierbar, sondern jedes einzelne Wesen bewegt sich zumindest scheinbar individuell und mit eigenen Wünschen und Bedürfnissen durch die Spielwelt. Gleichzeitig kann der Spieler auch Einfluss auf einzelne Einheiten nehmen, die über das normale Erteilen von Befehlen hinaus gehen. So lassen sich beispielsweise Einheiten bestrafen, wenn dies dem Spieler sinnvoll erscheint. Dungeon Keeper steht damit ganz im Zeichen weiterer Spiele von Peter Molyneux wie dem später erschienenen Black & White oder den beiden vorher veröffentlichten Populous-Spielen, in denen sich jeweils ähnliche Spielelemente wiederfinden, die sich am ehesten als Gameplay-Fragmente einer „Gott-Simulation“ beschreiben lassen.
Durchaus erwähnenswert ist sicher die Grafik von Dungeon Keeper. Das nicht nur für Windows, sondern ebenfalls noch für MS-DOS entwickelte Spiel enthielt echte 3D-Grafiken (ergänzt um einige zweidimensionale Sprites) und erlaubte sogar das Spielen aus der Ego-Perspektive, wenn man die Steuerung einzelner Monster direkt übernahm. Hierbei handelte es sich allerdings mehr um eine Spielerei, richtige Konkurrenz zum damals ebenfalls aufblühenden Genre der Ego-Shooter stellte Dungeon Keeper nicht dar. Trotzdem ist die Darstellung einer derart komplexen Untergrund-Welt für die damalige Zeit bemerkenswert, nicht nur weil die Grafik des Spiels einigermaßen gut gealtert ist und heutzutage problemlos als Pixel-Art durchgehen könnte.
Nach dem Erfolg des ersten Teils folgte bereits zwei Jahre später ein zweiter Teil, an dem Peter Molyneux, der Schöpfer des Originals, allerdings bereits nicht mehr beteiligt war. Dungeon Keeper 2 ähnelte vom Spielprinzip her im Wesentlichen seinem Vorgänger und enthielt nur marginale innovative Spielelemente. Was zunächst negativ klingt, sollte nicht so verstanden werden, denn das Spielprinzip war auch 1999 noch einzigartig und technisch (insbesondere grafisch) wurde das Spielprinzip mit dem zweiten Teil auf ein wesentlich moderneres Niveau gehoben. Wer heutzutage Interesse an einer Runde Dungeon Keeper hat, greift aufgrund der etwas moderneren Technik möglicherweise daher ebenso oft zum zweiten Teil wie zum Original.
Fazit
Dungeon Keeper konnte seinerzeit mit einem völlig neuartigen Spielprinzip und einer gelungenen Portion schwarzem Humor punkten. Das Aufbauen eines Dungeons und Verteidigen gegen Helden macht heute noch genauso viel Spaß wie damals und ist nur bedingt mit anderen Genres vergleichbar. Umso verwunderlicher ist es, dass sich außer dem zweiten Teil erst viele Jahre später mit War for the Underworld ein Indie-Titel an dem Genre versuchte. Wer auf der Suche nach einem grafisch aktuelleren Genre-Vertreter ist, sollte diesem von Fans erschaffenen inoffiziellen Nachfolger ebenfalls eine Chance geben und einen Blick riskieren.