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Testbericht: Final Fantasy XIII

23. 03. 2010 | Kategorie: Testberichte

Die Final Fantasy-Reihe hatte immer einen besonderen Stellenwert für Hersteller Square: Im Jahr 1987 rettete das Spiel den Entwickler vor dem sicheren Bankrott. So wurde jeder neue Teil der Rollenspielserie immer mit besonderer Sorgfalt behandelt und viel Mühe in die Entwicklung gesteckt. Deshalb sind die Erwartungen an den neuesten Teil auch entsprechend hoch. Kann Final Fantasy XIII diese erfüllen?

Magie spielt wieder eine zentrale RolleEine der großen Stärken der Reihe war schon immer die toll erzählte Geschichte. Auch Final Fantasy XIII bildet hier keine Ausnahme: Die Bewohner der künstlich erschaffenen Welt Cocoon haben seit jeher Angst vor der Unterwelt Pulse, in der es vor Monstern nur so wimmelt. Man glaubt, dass jeder Kontakt mit einem Wesen aus Pulse Geist und Körper verdirbt. Leider wird eines Tages ein mächtiges magisches Wesen aus Pulse, ein sogenannter Fal'Cie, in einer der Städte Cocoons gefunden. Die Regierung beschließt, alle Bewohner der Stadt nach Pulse zu deportieren, da man fürchtet, dass sie durch den Kontakt mit dem Fal'Cie kontaminiert wurden. Dieser Plan wird von der Regierung Purgation genannt und ist lediglich ein Vorwand, um die gesamte Bevölkerung auszulöschen. Alle Mitglieder der Heldentruppe des Spiels befinden sich in dieser Stadt und treffen hier zum ersten Mal aufeinander.

Die Hauptdarstellerin ist Lightning, eine Soldatin, die die Purgation verhindern und ihre Schwester Serah retten will. Letztere ist nämlich verflucht worden und fristet ihr Dasein als L'Cie, einem Handlanger der Fal'Cie. Diener von Pulse haben eine bestimmte Aufgabe, die erfüllt werden muss. Wer versagt, wird in einen Cie'th verwandelt, ein von Hass und Schmerz zerfressenes Monster. Bei erfolgreicher Ausführung erstarrt der L'Cie zu Kristall. Dies passiert auch mit Serah, als Lightning sie aufspürt. Zusammen mit der dem Rest der Heldentruppe, die inzwischen zusammen gefunden hat, nimmt sie den Kampf gegen den Fal'Cie auf, der Serah verflucht hat. Leider werden sie und der Rest der Truppe auch zu L'Cie gemacht, die nun ihrem Schicksal entgehen müssen.

Die Kämpfe laufen komplett in Echtzeit abEin L'Cie zu sein hat allerdings nicht nur Nachteile: Die Charaktere sind sehr viel stärker und können Magie wirken. Ab diesem Zeitpunkt kommt das exzellente Kampfsystem zum tragen: man steuert immer einen der drei im Kampf aktiven Charaktere, die beiden Mitstreiter übernimmt die Konsole. Wie in klassischen JRPGs gebt ihr Befehle über ein Menü, die eure Figur dann ausführt. Neu ist allerdings, dass man sich von der klassischen Idee der MP (Magic Points) verabschiedet hat. Am unteren Bildschirmrand füllt sich eine Aktionsleiste, die in mehrere Abschnitte aufgeteilt ist. Jede Aktion verbraucht mindestens einen dieser Abschnitte. So muss man länger warten, bis man eine mächtigere Attacke ausführen kann, die zwei bis drei Abschnitte verbraucht. Die Kämpfe laufen in Echtzeit ab. Ihr habt keine Möglichkeit, das Spiel zu pausieren, um Einstellungen zu ändern. Eine weitere sehr wichtige Neuerung ist der Schock-Balken: Selbst die Standard-Gegner in Final Fantasy XIII haben manchmal so hohe Trefferpunkt-Werte, dass sie mit normalen Angriffen kaum zu bezwingen sind. Hier hilft nur der Schock-Zustand. Um diesen zu erreichen, muss ein Balken rechts oben im Bild gefüllt werden. Ist dies geschafft, nimmt der Gegner für eine bestimmte Zeit ein Vielfaches an Schaden und ist oft innerhalb weniger Sekunden besiegt. Um Gegner in den Schockzustand zu versetzen, wird allerdings die richtige Taktik benötigt, die man sich vor dem Kampf zurechtlegen sollte.

Dies geschieht über die so genannten Paradigmen, die einen zentralen Punkt im Kampfsystem von Final Fantasy XIII darstellen. Sie bestimmen die Rollen, die eure Charaktere im Kampf einnehmen und können selbst zusammengestellt werden. Das Spiel gibt den Paradigmen dann entsprechende Namen. Ein Beispiel: Ihr habt drei Charaktere in eurem Team und weist jedem eine Rolle zu. Ihr entscheidet euch, zwei eurer Figuren die Rolle des Verheerers zuzuweisen. Diese Klasse eignet sich besonders gut, um Serienboni zu sammeln, also den Gegner in Schock zu versetzen. Dem dritten Mitstreiter macht ihr zum Brecher, der mächtige physische Attacken ausführen kann. Auf diese Art wird sowohl viel Schaden zugefügt als auch der Schock-Balken des Gegners in die Höhe getrieben. Das Spiel benennt dieses Paradigma nun passenderweise „Blitzschlag“. Insgesamt können bis zu sechs Paradigmen festgelegt werden, zwischen denen man während eines Kampfes hin- und herschalten kann. So kann es, um beim obigen Beispiel zu bleiben, sinnvoll sein, erst Gebrauch vom Paradigma „Blitzschlag“ zu machen, um den Gegner möglichst schnell in Schock zu versetzen. Ist dies geschafft, kann man beispielsweise auf die Kombination Brecher-Brecher-Verheerer („Sturmkommando“) umschalten, um möglichst viel Schaden zuzufügen. Dies ist eine eher plumpe Taktik, allerdings lassen sich durch die insgesamt sechs Charakterklassen viele unterschiedliche Paradigmen anlegen, was dem Kampfsystem sehr viel Tiefe verleiht.

Ein Ausblick überDie Heldentruppe erhält im Laufe des Spiels auch Unterstützung der alt bekannten Espers. Namen wie Odin oder Bahamut werden wohl in vielen Fans der Reihe alte Erinnerungen aufleben lassen. Die Espers müssen zunächst in taktischen Kämpfen besiegt werden. Danach können sie von dem jeweiligen Charakter aufgerufen werden, was in zwei Stufen abläuft: Zunächst kämpft das magische Wesen an der Seite des Gruppenführers, bis sich seine Meta-Anzeige gefüllt hat. Danach verwandelt es sich in ein Fahrzeug, dass der jeweilige Charakter besteigt. Nun bekommt der Spieler zum einzigen mal in den Kämpfen die direkte Kontrolle über das Geschehen: Mit Stick-Knopf-Kombinationen fügt man den Gegnern Schaden zu, bis der Esper zu seinem finalen Schlag ausholt, der enormen Schaden anrichtet.

Final Fantasy XIII macht viele Dinge anders als seine zahlreichen Vorgänger. Wo das Kampfsystem allerdings eine klare Verbesserung zu den statischen Kämpfen anderer JRPGs darstellt, hat man oft das Gefühl, dass viele Dinge im neuesten Teil der Serie gekürzt wurden. So wurde beispielsweise komplett auf Erfahrungspunkte verzichtet: Man erhält so genannte Kristallpunkte (KP), welche im Kristarium investiert werden können, das sich im Laufe der Geschichte erweitert. Dieses entspricht in etwa dem Sphärobrett aus dem zehnten Teil der Serie. Allerdings kann man seine Charaktere kaum individuell gestalten, da es wenige Abzweigungen gibt und man zumindest in den ersten zwanzig bis dreißig Spielstunden das Kristarium für alle Helden vollständig ausbauen kann, bevor es erweitert wird. So kann es passieren, dass man auf tausenden von KP sitzt, ohne sie investieren zu können.

Die Grafik zählt zum besten, was das Genre derzeit zu bieten hatHier kommen wir auch zu einem der größten Kritikpunkte von Final Fantasy XIII: Linearität. In den ersten zwanzig Stunden läuft man durch abgegrenzte Bereiche von Punkt A nach Punkt B und erledigt alle Gegner, die auf dieser Strecke zu finden sind. Hin und wieder findet man Schatzkisten am Wegesrand, sonst gibt es nichts zu entdecken. So spielt sich das Spiel in der ersten Hälfte wie ein typischer Dungeon Crawler. Ein weiteres Feature, das gestrichen wurde, ist die Interaktion mit NPCs. In allen Teilen der Final Fantasy-Reihe konnte man durch Dörfer oder Städte streifen, Dialoge führen, einkaufen gehen und Nebenquests erfüllen. Im neuesten Teil der Serie gibt es all diese Dinge nicht: Man kann keine Menschen ansprechen, Nebenquests gibt es in der ersten Hälfte des Spiels kaum und später nur sehr vereinzelt. Eingekauft wird nicht mehr in schrulligen Tante-Emma Läden wie etwa in Teil neun, sondern an den sehr häufig auftauchenden Speicherterminals. Hier können übrigens auch die Waffen mit gefundenen Gegenständen aufgerüstet werden. Dies ist leider nicht sehr motivierend weil undurchsichtig. Man muss sich durch ellenlange Item-Listen kämpfen, um für jede Waffe die besten Gegenstände zu finden.

Technisch ist Final Fantasy XIII ein Traum: Zur Zeit findet man in keinem anderen Rollenspiel detailreichere Grafik. Die vorberechneten Sequenzen machen sogar dem hauseigenen Film Advent Children Konkurrenz und suchen ihresgleichen. Die Hintergrundmusik geht sofort ins Ohr, die Effekte sind immer glaubwürdig und unterstützen die Atmosphäre. Ein großes Lob geht auch an die englischen Synchronsprecher. Diese leisten bis auf wenige Ausnahmen wirklich großartige Arbeit. Dies ist sehr wichtig, weil das Spiel beizeiten sehr dialoglastig ausfällt und jedes einzelne Gespräch vertont wurde. Eine deutsche Vertonung wurde leider nicht eingebaut. So muss sich jeder, der Englisch nicht versteht, mit eher schlecht übersetzten Untertiteln zufrieden geben.

Fazit:

Final Fantasy XIII ist ein großartiges Rollenspiel geworden und glänzt sowohl mit tollem Storytelling und herausragender Technik als auch seinem grandiosen Kampfsystem. Leider hat man es versäumt, die aus den vorherigen Teilen liebgewonnenen Features in den neuesten Teil der Serie einzubauen. Fans früherer Teile werden vergeblich nach einer neuen Version des Golden Saucer oder der Monsterfarm suchen. Diese sollten sich also vorher gut überlegen, ob sie mit den Kürzungen leben können. Für alle anderen Fans japanischer Rollenspiele ist Final Fantasy XIII aber ein klarer Plichtkauf. Benjamin Dross

Wertung: 9/10

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