Testbericht: Trapped Dead
Mit einer Mischung aus Echtzeit-Taktik à la Commandos und der aktuell so beliebten Zombiethematik will die deutsche Produktion Trapped Dead frischen Wind in das Genre der Untoten bringen – dafür konnte Sie 2010 sogar den Deutschen Entwicklerpreis abräumen, was dem Titel einiges an Aufmerksamkeit bescherte. Aber wird Trapped Dead seinen Vorschusslorbeeren gerecht?
Direkt nach dem comicartigen Einstieg ist klar, wohin die Reise geht: Trapped Dead hat sich ganz dem B-Movie-Horror der 80er verschrieben. Die College-Studenten Mike und Gerald rasen in einem Cabrio über eine einsame Landstraße, als den beiden plötzlich der Sprit ausgeht. Eine verlassen wirkende Tankstelle in der Nähe verspricht Hoffnung, also macht sich Mike mit einem Kanister ausgerüstet auf den Weg. Etwas seltsam findet er die blutverschmierten und langsam schlurfenden Angestellten schon, die ihn empfangen - als sein Kumpel Gerald dann auch noch von einem der seltsamen Zeitgenossen angefallen und gebissen wird, ist ihm klar: Die beiden sollten schnellstmöglich ein Krankenhaus aufsuchen und den Spuk melden. Endlich im „G.A. Romero Hospital“ (zwinker, zwinker…) angekommen, sind die beiden aber noch lange nicht in Sicherheit, denn mit den Ärzten, Schwestern und Patienten scheint ebenfalls etwas nicht zu stimmen.
Die Story gewinnt bestimmt keinen Innovationspreis, aber das will und muss sie auch gar nicht. Das trashige Setting hat sich schon dutzendfach in Horror-Klassikern der Film- und Videospielgeschichte bewährt und macht immer noch so viel Spaß wie vor zwanzig Jahren. Natürlich ist bei verwerflichen Experimenten ein Virus ausgebrochen, und im Verlauf der recht kurzen Kampagne treffen sechs grundverschiedene Überlebende aufeinander, die vor Klischees nur so triefen: Der Lederjacken-bewehrte Mike macht den Anfang, dazu gesellen sich nach und nach ein genialer, an den Rollstuhl gefesselter Arzt, eine attraktive Sensationsreporterin, ein waffenvernarrter Scharfschütze sowie der muskelbepackte, im Nahkampf unverzichtbare Klaus und der alternde Cop John, der hervorragend mit seiner Pumpgun umgehen kann. Immer vier von ihnen können in einer Mission gleichzeitig gesteuert werden, die Auswahl vor jeder Mission liegt ganz in eurer Hand. Natürlich hat jeder Charakter seine Stärken und Schwächen: Während Scharfschütze Bo weit entfernte Gegner souverän erledigt, ist er im Nahkampf mit Baseballschläger und Axt eine echte Niete – hier glänzt Klaus wiederum dank schierer Muskelkraft.
Setting und Atmosphäre stimmen, die Charaktere sind abwechslungsreich und gut aufeinander abgestimmt… was kann da noch schief gehen? Nun, leider so einiges. Zum einen wäre da die umständliche Steuerung, die jeden geneigten Taktiker bereits in den ersten Missionen mehr als einmal an den Rand des Wahnsinns bringt. Dabei sind es vor allem die vielen Kleinigkeiten, die eigentlich selbstverständlich funktionieren sollten. Warum steckt ein Charakter erst in aller Ruhe seinen ausgerüsteten Gegenstand weg, bevor er eine Tür öffnet? Oder warum bleibt er einfach abrupt stehen, wenn er die Waffe während einer Bewegung wechseln soll – um anschließend untätig auf einen erneuten Marschbefehl zu warten? Das einfache Ziel in jedem Level – von Punkt A nach Punkt B zu gelangen – wird so unnötig zur Geduldprobe, die fummelige und zähe Steuerung erstickt jeden Anflug von Spannung im Keim.
Auch die sonstigen Gameplay-Elemente bekleckern sich nicht mit Ruhm. Völlig unverständlich ist zum Beispiel das vollständige Fehlen einer Anzeige für den Sicht- oder Hörbereich der Untoten. Zwar soll man sich immer wieder an den Zombiehorden unbemerkt vorbeischleichen, der Erfolg hängt aber vollständig vom Zufall ab, da es schwer bis unmöglich ist, die Wahrnehmung der Gegner richtig einzuschätzen. Als wenn das nicht schon genügen würde, ist auch die künstliche Intelligenz auf dem traurigen Stand von vor ca. zehn Jahren. Ein Beispiel: Da der Doc in seinem Rollstuhl nicht sehr beweglich ist und im Nahkampf keine Chance hat, gebe ich ihm die einzige Pistole zur Verteidigung. Mike, nur mit einem Baseballschläger bewaffnet, lasse ich einen im Weg stehenden Zombie angreifen. Der Doc soll aus der Ferne Feuerschutz geben. Was dann passiert, lässt mich erst laut lachen und dann zornig den Level neu starten: Der beherzte Arzt schießt den armen Mike von hinten mit drei Schüssen über den Haufen. Ende. Kein „das kann ich nicht machen“, keine Bewegung , um ein freies Schussfeld zu bekommen, nichts. Taktik-Fanatiker könnten jetzt natürlich unterstellen, der Bug sei in Wirklichkeit ein Feature und ich einfach nur ein unfähiger Taktiker – in Hinblick auf die auch ansonsten bescheidene KI und die verkorkste Steuerung würde es mich aber doch sehr wundern, wenn dieses Verhalten von den Entwicklern tatsächlich gewünscht wäre. Der unspektakuläre Höhepunkt der KI ist der Blutdurst der Untoten: Wird einer eurer Charaktere verletzt, zieht er solange eine Blutspur hinter sich her, bis ihr ihn verarztet. Trifft ein umherwandernder Zombie auf die Spur, folgt er ihr unbarmherzig, auch durch Türen hindurch. Solche Elemente lassen immer wieder das Potential erahnen, was in dem erfrischenden Spielprinzip schlummert. Leider haben die Designer nur wenige kreative Ideen dieser Art ins Spiel eingebaut, über die gesamte Dauer der Kampagne plätschert Trapped Dead größtenteils ideenlos vor sich hin.
Was das Spiel vor einem Totalausfall rettet, ist die grundsätzlich gelungene Atmosphäre. Die comicartigen Zwischensequenzen treiben die trashige Geschichte stilvoll voran, auch die deutschen Sprecher sind akzeptabel, in Hinblick auf das im Vergleich zu Triple A-Titeln wahrscheinlich bescheidene Budget sogar ziemlich gut. In den Leveln beherrscht das Stöhnen und Schlurfen der untoten Gegner das Geschehen. Musik wird nur spärlich eingesetzt, was der Atmosphäre zusätzlich zugutekommt. Neben der Spielidee erinnert leider auch die Grafik an den ersten Commandos-Teil, was heutzutage natürlich kein Kompliment mehr ist. Abgehackte Animationen gesellen sich zu unnötigen Rucklern und sterilem Leveldesign. Beinharte Taktiker dürften sich daran zwar nicht sonderlich stören, dennoch rundet die Optik den Gesamteindruck zusätzlich negativ ab.
Deutlich mehr Spaß als der Solo-Part macht der Online-Koop, bei dem ihr mit drei weiteren Mitstreitern die Kampagne angehen dürft. Erwischt ihr ein kommunikationsfreudiges Team, macht die Zombiehatz für ein paar Runden durchaus Laune. Leider ist aber aufgrund mangelnder Abwechslung auch hier schnell die Luft raus.
Fazit
Schade, schade, schade… Nachdem Trapped Dead den „Deutschen Entwicklerpreis“ einheimsen konnte, hatten wohl die meisten Taktik-Fans große Hoffnungen auf einen echten Blockbuster aus hiesiger Produktion. Leider wirkt das Spiel völlig unfertig und nicht zuende gedacht. Zwar merkt man an der grundsätzlich gelungenen, trashigen Atmosphäre und den zahlreichen Anspielungen auf das Zombie-Genre, dass die Entwickler Spaß an der Materie hatten, die fummelige Steuerung und die unterirdische KI überwiegen aber die wenigen positiven Ansätze um ein vielfaches. Die wenigen Lichtblicke und der kurzfristig spaßige Online-Koop bewahren Trapped Dead zwar vor einem Totalausfall, ruhigen Gewissens empfehlen kann man den Titel jedoch niemandem – selbst leidensfähige Hardcore-Taktiker werden schnell gefrustet das Handtuch werfen. Simon Weiß
Wertung: 3/10