Vorschau: Die Siedler - Aufstieg eines Königreichs
Beim sechsten Teil der Siedler-Reihe, will Blue Byte den Aufbau- und Wirtschaftpart wieder stärker betonen, was den Entwicklern aus Düsseldorf durchaus zu gelingen scheint. Wir überzeugten uns vor Ort vom aktuellen Stand der Entwicklung und spielten eine bereits sehr fortgeschrittene Version des Spiels.
Auch wenn es spielerisch einige Änderungen im Vergleich zum fünften Teil gab, fallen zunächst vor allen Dingen die grafischen Änderungen auf: Zwar basiert "Die Siedler - Aufstieg eines Königreichs" auf der Grafik des fünften Teils, diese wurde aber beinahe runderneuert, so dass der aktuelle Titel mit einer wirklich fantastischen Grafik aufwartet, die sowohl aus der Vogelperspektive, als auch im Detail erstklassig aussieht: Einzelne Siedler, die ihren Beschäftigungen nachgehen, sich unterhalten oder einfach nur in der Gegend rum stehen sind ebenso liebevoll und detailliert dargestellt wie die zahlreichen weiteren Lebewesen der sehr viel dynamischer wirkenden Spielwelt. Die Städte machen ihrem Namen alle Ehre, denn sie sind nicht nur riesig, sondern können sich ebenfalls sehen lassen und wirken dank Straßen und rotierbarer Gebäude sehr organisch.
Bemerkenswert ist, dass "Die Siedler - Aufstieg eines Königreichs" trotz der überaus beeindruckenden Grafik, dennoch keine allzu hohen Anforderungen an die Hardware stellt: Die zum Spielen des fünften Teils empfohlene Systemkonfiguration soll gleichzeitig die Mindestvoraussetzung für das Spielen des sechsten Teils sein.
Nach dem stark auf Kämpfe ausgerichteten "Das Erbe der Könige" forderten viele Fans der Reihe, dass dem Aufbaupart wieder mehr Bedeutung zugute kommt. Die Entwickler von "Die Siedler - Aufstieg eines Königreichs" nahmen sich diese Wünsche zu Herzen und verpassten der Wirtschaftskomponente mehr Tiefe, der militärischen Komponente dafür weniger. Im Detail bedeutet dies, dass vor allen Dingen dem Transport von Rohstoffen und Waren wieder mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden muss: Zentrum jeder Stadt ist wie bereits bei "Siedler II" ein Lagerhaus, in dem alle Güter gelagert werden. Abgebaute Rohstoffe werden von den Siedlern, die die einzelnen Gebäude wie Steinbrüche oder Bauernhöfe bewirtschaften ebenso zum Lagerhaus gebracht wie fertige Güter. Die zur Produktion dieser Güter benötigten Rohstoffe werden ebenso aus dem Lagerhaus geholt wie Nahrung, eines der Grundbedürfnisse ihrer Siedler.
Eine wichtige Rolle kommt bei "Die Siedler - Aufstieg eines Königreichs" auch den Straßen zugute, die in Form von Feldwegen oder gepflasterten Straßen platziert werden können und den Transport von Waren ebenso beschleunigen wie Bewegungen von Siedlern im Allgemeinen. Dadurch, dass alle Produktionsketten und Transporte über das Lagerhaus abgewickelt werden, erklärt sich auch die natürlich wirkende Struktur der Städte, denn die meisten Gebäude sollten möglichst in der Nähe des Lagerhauses platziert werden.
Trotz zahlreicher außergewöhnlicher Gebäude wie Kräutersammlern, Apotheken oder Imkern, deren Honig in der Kneipe zu Honigwein verarbeitet wird, ist das Wirtschaftssystem nicht zu komplex geraten. So gibt es maximal ein weiterverarbeitendes Gebäude für jeden Rohstoff, wichtige Güter wie Holz oder Stein müssen überhaupt nicht weiterverarbeitet werden. Um die Leistung der einzelnen Gebäude zu erhöhen, können diese je zweimal erweitert werden. Hierdurch verändert sich das Gebäude nicht nur optisch, sondern es zieht auch jeweils ein weiterer Siedler in das Gebäude ein, dessen zusätzliche Leistung durch die Animationen der Figur für den Spieler sofort ersichtlich wird. Dieses Konzept, den Spieler jede seiner Handlungen transparent in der Spielwelt wieder finden zu lassen, zieht sich übrigens wie ein roter Faden durch das gesamte Spiel.
Auch wenn dem militärischen Aspekt in "Die Siedler - Aufstieg eines Königreichs" weniger Aufmerksamkeit als noch im Vorgänger zugute kommt, wird natürlich auch im neuesten Teil der Reihe gekämpft: Wie bereits im fünften Teil der Reihe kann sich der Spieler zu Beginn für einen Helden entscheiden, welcher der Kommandant seiner Armee wird. Die 6 verschiedenen, nicht nur männlichen Helden, besitzen jeweils unterschiedliche Fähigkeiten, mit denen verschiedene taktische Vorgehensweisen einhergehen.
Ziel aller militärischen Operationen wird stets die Einnahme gegnerischer Städte sein, was nahezu gleichbedeutend mit dem Erobern der Stadtmauern ist: Befinden sich ihre Truppen erst einmal in der Stadt, ist der Sieg so gut wie sicher. Zum Erobern der Stadtmauern stehen ihren Schwertkämpfern und Bogenschützen Katapulte, Belagerungstürme und Rammen zur Verfügung. Ziel der Entwickler ist es, den militärischen Erfolg eng an den wirtschaftlichen Erfolg zu koppeln, so dass Spieler, die beim Aufbau ihrer Stadt besonders erfolgreich sind, sich auch militärisch auf der Siegerstraße befinden. Letztendlich hat sich an der Rekrutierung von Armeen aber nur bedingt etwas geändert, denn nachwievor benötigen sie Güter um Truppen zu erstellen und Steuereinnahmen, um den Unterhalt ihrer Armee zu bezahlen.
Der Fokus soll bei "Die Siedler - Aufstieg eines Königreichs" laut Entwickler Blue Byte ganz klar auf dem Singleplayer-Bereich liegen, der unter anderem mit einer 16 Missionen umfassenden Kampagne und dem obligatorischen freien Spiel aufwartet. Während der Kampagne verschlägt es den Spieler in unterschiedliche Klimazonen, die sich nicht nur optisch, sondern auch spielerisch stark unterscheiden. So lässt sich im Winter beispielsweise kein Getreide anbauen und in der Wüste herrscht nahezu ständig Wassermangel. Sowohl im Singleplayer, als auch im Mehrspielermodus lässt sich nur ein Volk steuern, das allenfalls durch die einzelnen Helden eine individuelle Note bekommt. Weitere Völker sind nur dem Computer vorbehalten.
Die Story zum Spiel entstammt der Feder von Jeff Grubb und erinnert an "Anno 1701", denn der neue Siedler-Teil handelt von einem König, der Helden ausschickt um Städte zu bauen. Als Epoche dient ein idealisiertes Mittelalter, bei dem vor allen Dingen die Glaubwürdigkeit und wenigstens etwas Realismus im Vordergrund stehen. Das Wetter lässt sich anders als im Vorgänger definitiv nicht mehr beeinflussen, was unter anderem daran liegt, dass die Bewältigung der Naturgewalten von den Entwicklern als eine der Hauptherausforderungen des Spiels verstanden wird.
Fazit
Was uns Blue Byte vor Ort zeigte, lässt auf einen echten Aufbau-Kracher hoffen: Nicht nur die Tatsache, dass "Die Siedler - Aufstieg eines Königreichs" die klassischen Wirtschafts-Elemente der Siedler-Reihe stärker betont, sondern auch die phänomenale Grafik dürften schnell viele Anhänger finden. Die Gameplay-Änderungen gegenüber dem Vorgänger klingen nicht nur vernünftig, sondern erwiesen sich im Praxistest auch als absolut durchdacht und sorgten für jede Menge Spielspaß. Sollten die Entwickler es schaffen, die letzten Unstimmigkeiten zu beseitigen, ist "Die Siedler - Aufstieg eines Königreichs" ein ganz heißer Kandidat für den Genre-Thron. Mario Siewert