Testbericht: Resonance of Fate
Mit Resonance of Fate beweist Sega großen Mut: Nur wenige Tage nach dem Europa-Release von Final Fantasy XIII veröffentlicht der Publisher sein Rollenspiel. Ist die Konkurrenz zu groß oder hat Segas Steampunk-RPG eine reelle Chance gegen den Top Hit von Square Enix?
Die Welt ist verseucht und Leben ist zumindest auf der Erdoberfläche nicht mehr möglich. Die Menschheit braucht einen Notfallplan und so entsteht ein riesiger Turm namens Basel, der nicht nur allen Überlebenden Schutz bieten, sondern gleichzeitig die Welt langsam von der giftigen Atmosphäre befreien soll. Unsere Geschichte beginnt in einer schönen kleinen Stadt namens Ebel auf Ebene 4 des Turms. Hier machen wir zum ersten mal Bekanntschaft mit der dreiköpfigen Heldentruppe des Spiels: Vashyron führt eine Art Söldner-Unternehmen und kümmert sich um die Bedürfnisse der Menschen – gegen Bezahlung, versteht sich. Begleitet wird er vom vorlauten 17-jährigen Waisenkind Zephyr und von der 21-jährigen Leanne, die den weiblichen Part in der Truppe übernimmt. Vieles weist darauf hin, dass in Basel eine Funktionsstörung vorliegt, also macht sich die ungleiche Truppe auf, um dem auf den Grund zu gehen.
Viel mehr gibt die Geschichte von Resonance of Fate leider nicht her und kann mit seinem großen Konkurrenten in dieser Hinsicht nicht mithalten. Das Spiel lebt eher von der einzigartigen Spielwelt und den Charakteren: Erstere ist konsequent im Steampunk-Stil gehalten, der auch beispielsweise bei Final Fantasy VII und vielen anderen Spielen und Filmen zum Einsatz kam. Die verschiedenen Ebenen von Basel sind allesamt sehr schön und abwechslungsreich gestaltet. Die Heldentruppe schafft etwas, was man in Videospielen bislang oft vermisst: Humor. Die Dialoge zwischen den Dreien und ihren Auftraggebern sind nicht selten sehr lustig, allerdings sollte man einen Sinn für die „japanische“ Art von Humor haben, die auch in verschiedenen Animes zum Einsatz kommt.
Am Anfang des Spiels wird man zunächst in das kalte Wasser geworfen: Ohne zu wissen, was man eigentlich macht, muss man sich die ersten Sölder-Auftrage abholen. Mit den Bewohnern von Ebel kann man reden, allerdings versteht man zu diesem Zeitpunkt noch nicht, was sie meinen, wenn sie von „Streifschaden“ oder der „Heldenanzeige“ reden. Ein Bewohner gibt einen wertvollen Tipp: In der Arena kann das Kampfsystem erlernt werden, also verlässt man zum ersten mal die Stadt und wagt sich auf die Weltkarte. Hier tritt dann auch schon zum ersten mal Ernüchterung ein: Die Weltkarte sieht langweilig aus und besteht aus Hexfeldern (Sechsecken), über die man einen Pfeil bewegt, um ans Ziel zu kommen. Verteilt auf diesen Feldern sind wichtige Orte sowie Aufzüge, die die verschiedenen Ebenen miteinander verbinden. Da Basel schon eine Weile existiert und langsam zerfällt, müsst ihr viele Wege zunächst mit Energiezellen versorgen, um bestimmte Bereiche betreten zu können. Diese erhaltet ihr in den zahlreich auftretenden Zufallskämpfen.
Die Kämpfe laufen sehr spektakulär ab: Die Charaktere kämpfen ausschließlich mit Schusswaffen und Wurfgeschossen wie zum Beispiel Handgranaten. Dabei springen sie durch die Luft oder beschießen die Gegner im vorbeilaufen. Das Ganze erinnert stark an den Film Hard Boiled von John Woo, der mit Stranglehold bereits eine Videospiel-Fortsetzung spendiert bekommen hat. Man sollte sich allerdings nicht von der coolen Optik ablenken lassen, denn die Kämpfe sind beinhart und höchst taktisch. Es gibt zwei Arten von Schaden: Direktschaden wird von Handfeuerwaffen zugefügt und zieht euren Gegnern direkt Energie von ihrer Lebensleiste ab. Dieser Schaden ist leider sehr gering, weshalb man unbedingt Maschinenpistolen zum Erfolg braucht. Diese verursachen Streifschaden und belegen damit die Lebensleiste der Gegner mit einem blauen Streifen. Sobald dieser nun mit einer Handfeuerwaffe angegriffen wird, verliert er sofort den blauen Teil seiner Lebensleiste plus den normalen Schaden der Waffe. So kann man scheinbar unbesiegbare Gegner schnell in die Knie zwingen.
Außerdem müsst ihr auf die Position der Charaktere achten. Auf den unterschiedlichen Schlachtfeldern gibt es viele Arten, sich zu verschanzen. Außerdem müssen die Heldenaktionen geschickt eingesetzt werden, mit denen ihr die Protagonisten an bestimmte Orte auf dem Schlachtfeld schickt und sie währenddessen angreifen lasst. Wird ein Held hierbei zwischen den beiden anderen hindurch geschickt, erhält die Truppe einen Resonanzpunkt. Steht die ganze Gruppe danach in einem Dreieck, kann ein gemeinsamer Angriff gestartet werden: Die Helden laufen an den Linien des Dreiecks entlang und nehmen die Gegner ins Kreuzfeuer. Diese Aktionen sinnvoll einzusetzen, ist sehr wichtig, um scheinbar aussichtslose Kämpfe noch für euch zu entscheiden. Ihr solltet aber stets eure Heldenanzeige im Blick haben, denn jede Helden- oder Gruppenaktion verbraucht einen Punkt. Sind diese aufgebraucht, kommt ihr in den „Gefahr“-Modus, in dem die Charaktere zittern, kaum Schaden anrichten und auch öfter verfehlen. Ist es so weit gekommen, müsst ihr meistens fliehen oder den Kampf neu starten. Aber Vorsicht: jeder Neustart kostet euch euer hart verdientes Geld und Speicherpunkte sind in Resonance of Fate leider Mangelware.
Geld braucht ihr, um in verschiedenen Läden eure Waffen zu verbessern. Es gibt insgesamt sehr wenige Waffen, also müssen sie ständig erweitert werden. Hierfür geht ihr mit im Kampf gesammelten Materialien zu einem Händler, der euch diese gegen eine Gebühr in brauchbare Gegenstande umwandelt. Dies sind nicht nur Upgrades für die Waffen, sondern auch Spezialmunition, die beispielsweise gebraucht wird, um Elementarschwächen der Gegner auszunutzen. Zum Beispiel solltet ihr euch mit Molotowcocktails ausrüsten, wenn euer Gegenüber eine Schwäche gegen Feuer hat oder Metallmantelladungen gegen organische Gegner einsetzen.
Insgesamt besteht Segas Rollenspiel aus sechzehn Kapiteln, wobei fast jedes in etwa die gleiche Struktur aufweist: In einer Zwischensequenz erfahrt ihr, was eure Helden als nächstes zu tun haben und erhaltet so eure Hauptmission. Zusätzlich können Nebenmissionen in der Gilde der Jäger abgeholt werden. Diese sollten zuerst erledigt werden, weil sie oft Gegenstände einbringen, die euch bei der Erfüllung der Hauptmission helfen. Letztere laufen so gut wie immer nach dem gleichen Schema ab: Ihr werdet von eurem Auftraggeber in Dungeons geschickt, die aus Waben bestehen und nur wenig Abwechslung bieten. In jedem Raum findet ein Kampf statt, danach sammelt ihr die Schätze ein und geht weiter zum nächsten Kampf, bis im letzten Raum ein dicker Bossgegner auf euch wartet. Dank dem hervorragenden Kampfsystem motivieren die Dungeons aber trotzdem.
Obwohl Rersonance of Fate nicht zu den schönsten Spielen der neuen Konsolengeneration zählt, besticht es durch seinen einzigartigen Stil und die toll inszenierten Kämpfe. Wer nur ansatzweise etwas mit dem Thema Steampunk anfangen kann, wird definitiv glücklich. Lediglich die Dungeons, in denen ihr euch von Zeit zu Zeit bewegt, sind sehr eintönig gestaltet. Die Musik ist sehr stimmungsvoll und passt jederzeit zur Situation, die englischen Synchronsprecher leisten hervorragende Arbeit. Die Versionen für die Playstation 3 und die Xbox 360 sind vom Inhalt und der Qualität von Grafik und Sound übrigens identisch.
Fazit:
Mit Resonance of Fate liefert Sega ein sehr gelungenes Rollenspiel ab, das einen völlig anderen Ansatz bietet als Final Fantasy XIII und deshalb seine Daseinsberechtigung hat. Der Stil ist einzigartig, das Kampfsystem sucht seinesgleichen, die Charaktere sind verrückt und wahrscheinlich gerade deshalb so sympatisch. Das Spiel bietet genügend Beschäftigungen abseits der Haupthandlung und kann je nach Spielweise 40-80 Stunden dauern. Allerdings sollten nur geduldige Spieler den Kauf erwägen, weil Resonance of Fate sehr schwer ausgefallen ist und einiges an Einarbeitungszeit erfordert. Hätte man noch etwas an der Story gefeilt und die Dungeons etwas lebhafter gestaltet, hätte man den großen Konkurrenten aus dem Hause Square Enix sogar ausstechen können. Was bleibt, ist ein sehr gutes Rollenspiel, das am ehesten für erfahrene Spieler geeignet ist. Benjamin Dross
Wertung 8/10